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Ein Leben für die Fleischerei

Jahrzehntelang hat Irmgard Näcke die Fleischerei auf der Talstraße geführt. Jetzt wird sie 90 und schaut auf ein bewegtes Leben zurück.

Irmgard Näcke war Fleischersfrau mit Leib und Seele. Generationen von Meißnern kennen das Geschäft in der Talstraße, wo sie hinter dem Tresen stand. Zum Jubiläum werden bei ihr viele Gratulanten vorbeischauen und sich an alte Zeiten erinnern. © Claudia Hübschmann

Meißen. Als Irmgard Näcke vor vier Jahren ins Altenheim kommt, ist sie schon viele Jahre Rentnerin. Die Fleischerei in der Talstraße, die sie von 1961 bis 1983 mit ihrem Mann Arnfried geführt hat, ist längst in den Händen der übernächsten Generation. Trotzdem ist die damals 86-Jährige noch immer vielen Menschen ein Begriff.

„Als sie neu im Heim war, sind wirklich zahlreiche Menschen vorbeigekommen und haben gesagt: Sie sind doch Frau Näcke. Ich habe immer mein Fleisch bei ihnen gekauft“, erinnert sich ihr Sohn Andreas. In wenigen Tagen wird die bekannte Fleischersfrau 90 Jahre alt. Am 1. November feiert sie Geburtstag.

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Betrachtet man ihre Biografie, dann wird deutlich, dass der Verkauf von Fleisch und Wurst für sie nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung waren. Bereits ihr Großvater hatte auf der Talstraße seit 1921 eine Fleischerei und diese später an seinen Sohn übergeben.

„Dort habe ich meine Ausbildung als Fleischverkäuferin absolviert“, erinnert sich Irmgard Näcke. Allerdings gab es in Meißen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein Problem. „Nach dem Krieg war die Lage schwierig. Es gab in Meißen einfach nichts zum Verkaufen“, sagt Irmgard Näcke. Schweren Herzens verlässt sie ihre geliebte Heimat und macht sich auf den Weg nach West-Berlin.

„Ich habe in Berlin in der Fleischerei Wolf gearbeitet. Aber ich muss zugeben, dass das eine vollkommen andere Welt war. Die Abläufe und die Preise, die da gängig waren, habe ich erst einmal verinnerlichen müssen.“ Nach einiger Zeit sei ihr dies aber gelungen und ihr Arbeitgeber sei mit den Verkäufen zufrieden gewesen.

Dennoch ist Irmgard Näcke auch nicht böse, als sich Anfang der 1950er Jahre die Chance bietet, wieder nach Meißen zurückzukehren. Dafür gibt es einen guten Grund. Sie hat ihren Mann Arnfried kennen- oder besser gesagt lieben gelernt. Gekannt hatte sie ihn eigentlich schon aus gemeinsamen Kindertagen in Gersdorf bei Pirna. Gefunkt hat es dann erst später. 1953 heiratete sie den Fleischermeister.

Eine wichtige Rolle spielte bei der Hochzeit, aber auch sonst, die nahegelegene Lutherkirche. „In der Lutherkirche haben meine Eltern geheiratet und auch goldene Hochzeit gefeiert“, erinnert sich ihr 64 Jahre alter Sohn, der in dem Gotteshaus getauft wurde.

Der Alltag spielte sich hingegen bis 1983 Tag für Tag im Geschäft in der Talstraße ab. Dann übernahm Sohn Andreas das elterliche Geschäft in dritter Generation und übergab es 2010 wiederum an seinen Sohn Stephan. Vor allem nach der Wiedervereinigung wuchs das Unternehmen kräftig. Der Laden bekam neue Theken und es entstanden moderne Produktions- und Küchenräume.

Irmgard Näcke verfolgte das aufmerksam mit und war lange auch noch sehr rüstig. Bis 2015 lebte sie in ihrer Wohnung am Wilhelm-Walkhoff-Platz. Erst als es gesundheitlich nicht mehr anders ging, kam sie ins Pro Civitate Altenpflegeheim, wo sie sich inzwischen gut eingelebt hat.

In Zeiten, in denen eine fleischlose Ernährung einige Anhänger findet, ist Sohn Andreas stolz auf das Alter seiner Mutter. „Sie hatte immer viel mit Fleisch zu tun und hat es auch gern gegessen. Einem hohen Alter scheint das nicht abträglich zu sein. In meiner Innung sind viele sehr alt geworden“, sagt er.

Quelle: SZ / 29.10.2019 05:00 Uhr © Claudia Hübschmann

Von Stephan Hönigschmid 3 Min. Lesedauer